Rollen bei der Bildung eines Projektteams

Teambildung

Ein Erfolgsfaktor im Projekt ist die Bildung des Projektteams.

Spätestens bei der Einsatzmittelplanung, also in der Planungsphase des Projektes, geht es um die Anforderung der benötigen Ressourcen. Aufgrund der vorläufigen Terminplanung wird in den Gesprächen mit den jeweiligen Linienvorgesetzten der Organisation geklärt, welche Ressourcen für welche Arbeitspakete zur Verfügung stehen. Nicht immer erhält der Projektleiter seine Wunschkandidaten. Und da lohnt es sich, sich nicht nur auf die fachlichen Kompetenzen der Projektmitarbeiter zu konzentrieren. Auch die sozialen Kompetenzen des Teams sind wesentlich für den Projekterfolg. Ein Team nur aus Alpha-Menschen oder Spitzenkräften muss nicht erfolgreich sein. Abgrenzungen, Konflikte und Revier-Kämpfe sind zu erwarten und können Projekte in die Krise führen.

Hilfreich bei der Teambildung ist das Modell der Teamrollen nach Belbin.

Belbin Teamrollen

Belbin hat auf Basis seiner Beobachtungen 9 Rollen im Team identifiziert, die wichtig für das erfolgreiche Funktionieren eines Teams sind.

Dabei sind die Rollen vereinfachende Modelle der realen Komplexität, also niemals ein Abbild der Realität! Menschen sind in ihrer Persönlichkeit wesentlich komplexer, als die Beschreibungen der Rollen. Jedoch gerade diese Vereinfachung versetzt uns in die Lage, in schwierigen oder komplexen Situationen zu handeln und zu entscheiden. Und soziale Systeme sind per Definition komplex.

Nachfolgend findet ihr eine verkürzte Beschreibung dieser Rollen.

  • Koordinator / Integrator: Reif, sicher und vertrauensvoll; ein guter Vorsitzender, erklärt Ziele und fördert den Entscheidungsprozess. Ist nicht unbedingt die cleverste und kreativste Person eines Teams.
  • Macher: Dynamisch, aufgeschlossen, stark angespannt; fordert heraus, macht Druck; findet einen Weg, Hindernisse zu umgehen. Neigt möglicherweise zur Provokation und zu Temperamentsausbrüchen.
  • Neuerer / Erfinder: Ist kreativ, phantasievoll, unorthodox, löst schwierige Probleme, introvertiert. Hat jedoch Schwächen in der Kommunikation mit und dem Führen von Menschen.
  • Beobachter: Ruhig, strategisch und scharfsinnig, sieht alle Möglichkeiten und urteilt genau. Ein Mangel an Antrieb und der Fähigkeit, andere zu inspirieren, sind mögliche Schwächen.
  • Spezialist: Selbstbezogen, engagiert, liefert Informationen oder technisches Wissen, das kaum verfügbar ist. Leistet einen Beitrag nur im engsten Rahmen.
  • Umsetzer: Diszipliniert, zuverlässig, konservativ und effektiv, setzt Ideen in die Tat um. Gleichzeitig aber etwas unflexibel und langsam in der Reaktion auf neue Möglichkeiten.
  • Teamarbeiter / Mitspieler: Umgänglich, freundlich, einsichtig und zuvorkommend, zuhörend, formend, baut Reibungsverluste ab. Er ist jedoch bei Zerreißproben nicht entscheidungsfähig.
  • Wegbereiter / Weichensteller: Extrovertiert, begeistert, kommunikativ, erforscht Möglichkeiten, entwickelt Kontakte. Er verliert jedoch das Interesse, wenn die Anfangsbegeisterung abgeflacht ist.
  • Perfektionist: Sorgfältig, gewissenhaft, ängstlich, deckt Fehler und Unterlassungen auf, liefert pünktlich. Der Perfektionist kann übermäßig besorgt sein und delegiert ungern.

Ausrichtung der Rollen

Diese 9 Rollen lassen sich in drei Gruppen einteilen:

  • Kommunikationsorientierte Rollen: Koordinator, Teamarbeiter, Wegbereiter
  • Handlungsorientierte Rollen: Macher, Umsetzer, Perfektionist
  • Wissensorientierte Rollen: Erfinder, Beobachter, Spezialist

Für ein erfolgreiches Team ist es nach meiner Einschätzung wichtig, dass möglichste alle drei Gruppen abgedeckt werden. Eine Besetzung aller neun Belbin Rollen ist meines Erachtens nicht zwingend und in der Praxis eher selten möglich.

Eine ausführlichere Beschreibung der Rollen habe ich in dieser PDF-Datei zusammengestellt.

Das Modell in der Praxis

Im Alltag wird man kaum auf Projektmitarbeiter treffen, die passgenau eine Rolle des Modells abdecken. Dafür ist jeder Mensch zu individuell. Sein Team so zusammen zu stellen, dass alle Rollen ideal besetzt sind, wird ebenfalls kaum gelingen. Denn häufig genug muss man im Projekt mit den Ressourcen leben, die einem zugeteilt werden bzw. die verfügbar sind.

Was bringt das Modell für das eigene Projekt?

Mir ist anhand dieses Modells deutlicher geworden, dass jede Stärke einer Rolle auch mit Schwächen einhergeht. Mit der Stärke „kaufe ich mir“ zwingend auch Schwächen ein. Dabei konzentriere ich mich nicht auf die „Schwächen“ einer Person, sondern auf deren Stärken. Ich versuche Personen so einzusetzen, dass sie ihre Stärken einbringen können. So ist z.B. der Teamarbeiter nicht zwingend ein Leistungsträger. Aber sein Beitrag für den Teamgeist ist nicht zu unterschätzen. Der Perfektionist ist enorm wichtig, da er dafür Sorge trägt, dass auch dann die letzten Aufgaben erledigt werden, wenn andere Teammitglieder sich schon auf das nächste Projekt konzentrieren. Und auch der Projektleiter selbst, unabhängig davon ob er sich als Macher oder Koordinator einordnet, bringt seine Schwächen ein.

Seine Schwächen abzustellen, kann ein sinnvolles Ziel einer Person sein. Dieses ist meines Erachtens jedoch mit viel Zeit und Aufwand verbunden. Einen eher introvertierten Beobachter oder Erfinder in eine kommunikationsorientierte Rolle z.B. des Teamarbeiters zu entwickeln, sollte wohl überlegt sein.

Andererseits ist die Entwicklung bzw. der Ausbau der Kompetenzen ein Motivationsfaktor. Das Rollenmodell zeigt, welche Aufgaben eine Person besonders leicht übernehmen kann. Dabei kann eine Person durchaus mehrere Rollen in unterschiedlicher Stärke in sich vereinen. Einige fallen leichter, andere dagegen schwerer. Es ist also durchaus möglich, dass ein Umsetzer auch ausgeprägte Eigenschaften des Teamarbeiters oder die einer anderen Rolle besitzt, die ihm jedoch (noch) nicht ganz so leichtfallen. Und darin kann eine Chance zur Entwicklung liegen. Der Mitarbeiter entwickelt sich in neue Rollen hinein. Er wächst mit seinen Aufgaben.

Bei der konkreten Besetzung des Teams im Rahmen der Ressourcenplanung kommen diese Erkenntnisse zum Tragen. In der Abstimmung mit den disziplinarischen Vorgesetzten achte ich darauf, dass die Teamzusammensetzung den vorher genannten Punkten entspricht. Dabei suche ich bewusst nicht nur nach Leistungsträgern und Spezialisten, sondern beziehe auch die anderen Rollen mit ein.

Teambildung – Mosaik versus Puzzle

„Mosaik versus Puzzle“

Als Geschäftsführer habe ich meinen Team- und Projektleitern die erfolgreiche Zusammensetzung eines Teams anhand des Vergleichs von Puzzle und Mosaik erläutert.

Bei einem Puzzle dagegen sind die Steine so geformt, dass diese nahtlos ineinandergreifen. Es gibt keine Lücken. Alles passt perfekt zusammen. Jeder Stein hat genau einen, nämlich den ihm zugewiesenen Platz. Flexibilität bei der Gestaltung ist nicht möglich, weil auch nicht gewollt.

Bei einem Mosaik ergeben verschieden große und unterschiedlich geformte Steine ein Muster. Es wird mit dem Material erstellt, welches zur Verfügung steht. Die Abstände zwischen den einzelnen Elementen sind unterschiedlich. Es entstehen kleinere und größere Lücken.

Die Teambildung entspricht einer Mosaik-Gestaltung

Ein Team zu bilden, entspricht nach meiner Ansicht der Gestaltung eines Mosaiks. Mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen soll etwas entstehen. Dabei wird nicht alles passen. Es gilt, mit den entstehenden Abständen und den vorhandenen Materialen zu arbeiten und sie so „einzubauen“, dass eine Gesamtheit der Teile entsteht. Und genau hier liegt meines Erachtens die Herausforderung und gleichzeitig der Reiz einer jeden Führungsaufgabe: die einzelnen Mitglieder des Teams so einzusetzen, dass eine Einheit entsteht.

Anders gesagt: das Team ist mehr als die Summe seiner Teile. Ein nahtloses Aneinandersetzen, wie bei einem Puzzle, wird allerdings nicht gelingen. Dafür sind die Menschen zu unterschiedlich in ihren Kompetenzen und Charakteren! Und das ist auch gut so.
Beachtet man alle genannten Punkte, so ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass:

  • die Zusammenarbeit besser ist,
  • weniger Konflikte entstehen,
  • kreative Lösungen erarbeitet werden,
  • die Motivation hoch ist und auch bleibt
  • und das Team als ein Faktor zum Erfolg des Projektes beiträgt.

Ausblick

In einem weiteren Beitrag werde ich auf die Teamentwicklungsphasen eingehen. Die einzelnen Phasen zu kennen, deren Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit und das Befinden im Team einzuschätzen und als Projektleiter entsprechend zu agieren, ist für die Entwicklung des Teams wichtig.